Ende der Weinkönigin?

Erst hüh, dann hott. Der Plan des Pfalzwein-Vereins, künftig auch Männer für das begehrte Amt der Weinkönigin zuzulassen und das Amt damit abzuschaffen, ist vorerst gescheitert. Die gewählten Repräsentanten sollten nach den Plänen „Pfalzwein-Botschafter*innen“ heißen und – wenig glanzvoll – nur mehr schmucke Anstecknadeln tragen, wenn sie im Auftrag ihrer Weinbauregion werbend und informierend unterwegs sind.

Viktoria Wolf, die aktuelle Rheingauer Weinkönigin, wird sich aus beruflichen Gründen zwar nicht zur Wahl der Deutschen Weinkönigin stellen. Der Rheingau wäre dem abstrusen Beispiel der Pfalz aber ohnehin nicht gefolgt. Seyffardt verwies im Gespräch mit mir auf bereits tätige Wein- und Kulturbotschafter, die der Rheingau ausbilde, um Besucher zu empfangen und fachkundig durch die Region zwischen Hochheim und Lorch zu führen. Der Botschafter-Begriff ist somit schon besetzt.

Im Gegensatz zu den Weinbotschaftern seien die Königinnen ehrenamtliche Repräsentantinnen für ein Jahr und genössen hohe Wertschätzung und viel Aufmerksamkeit, sagte Seyffardt. Derzeit bestehe das Team aus der 26 Jahre alten Hochheimerin Wolf, die einen Abschluss der Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit habe, sowie der Winzertochter Silvana Fetzer und der Lorcherin Paula Söhn, die ihr als Prinzessinnen zur Seite stünden. Alle drei seien bei organisierten Reisen von Weinjournalisten aus dem Ausland geschätzte Gesprächspartner.

Insgesamt gibt es im Rheingau rund 40 Weinmajestäten, weil viele Städte und Gemeinden eigene Königinnen und zum Teil auch noch bis zu drei Prinzessinnen bestimmten. Am 9. August standen die meisten von ihnen auf der Bühne in Wiesbaden, um die Weinwoche zu eröffnen. Unzufrieden ist der Rheingauer Verband eigentlich nur damit, dass seine oberste Repräsentation seit Jahren bei der Wahl der Deutschen Weinkönigin nicht mehr zum Zuge gekommen sei. Deshalb hat es Seyffardt der jeweiligen Rheingauer Vertreterin freigestellt, ob sie in Neustadt antreten will oder nicht. In 75 Jahren vermochte es die traditionsreiche Weinbauregion am Rhein lediglich dreimal, die oberste deutsche Repräsentantin zu stellen: Zuletzt war es Ulrike Neradt in der Amtszeit 1972/73. Zuvor hatten die Krone Marika Gebhardt aus Martinsthal (1969) und Wilma Seyer aus Kiedrich (1959) tragen dürfen.

Auch ein Mann war im Rheingau schon einmal Repräsentant eines Weindorfs: Clemens Weißenberger übernahm in Martinsthal als Bacchus die Rolle in den Neunzigern für immerhin sieben Jahre. Allerdings ausdrücklich als „Verwahrer“ der Weinkrone, bis schließlich wieder eine junge Frau gefunden war. Vor drei Jahren war dann abermals ein Bacchus bestimmt worden, jedoch nur als „Nebenfigur“ zur Martinsthaler Weinkönigin. Für einen Weinkönig sieht der Rheingau laut Seyffardt noch keinen Bedarf und lädt zur Krönung der neuen Weinkönigin Lena Orth – sie ist die einzige Kandidatin – für Mitte September ins Kloster Eberbach ein: „Wir werden nichts ändern.“ Gut so.

(Quelle: mein Bericht in der FAZ vom 1.8.)

Endlich wieder online

So, die lange Durststrecke ist zu Ende. Leider gab es – nach einem Hackerangriff, IT-Probleme und nach einem hochkomplizierten Providerwechsel – eine (viel zu) lange Bockblog-Pause. Aber nun gibt es wieder regelmäßig Beiträge. Bleibt neugierig und schaut wieder öfter mal vorbei.

Euer Rheingauer Weinschmecker

Großes Geld für große Flaschen

Zum zweiten Mal herrschte wegen der Pandemie weitgehende Leere im Laiendormitorium von Kloster Eberbach anlässlich der Weinversteigerung des Verbands der Prädikatsweingüter (VDP). Doch die Winzer hatten gleichwohl Grund zu Zufriedenheit. Auch ohne die sonst gewohnten 500 Weingenießer im Saal waren die Gebote für die knapp 3000 angebotenen Flaschen der zwölf beteiligten Weingüter beachtlich. Insgesamt lag der Umsatz am Ende bei 305.000 Euro.

Auf großes Interesse stießen vor allem die angebotenen Großflaschen. Das für seinen Assmannshäuser Spätburgunder stets hochgelobte Weingut August Kesseler erhielt 3000 Euro für eine fünf Liter fassende Flasche mit dem 2019er Assmannshäuser Höllenberg Großes Gewächs. Diesen Erlös übertrafen die Hessischen Staatsweingüter mit einem 2012er Spätburgunder in der Methusalem-Flasche (6 Liter) um 100 Euro. Staatsweingüter-Chef Dieter Greiner war mit dem Erlös ebenso zufrieden wie August Kesseler. Dieser hatte auf mehr als 2000 Euro spekuliert und war entsprechend glücklich über das Höchstgebot. Kesseler schwärmte vom einzigartigen Terroir des Höllenberg, das feine und elegante Rotweine möglich mache.

Nicht weniger als zwölf Liter fasst die Balthazar genannte, künstlerisch gestaltete Einzelflasche mit „Goethewein aus dem Brentanohaus“ des Winkeler Weinguts Allendorf. Winzer Max Schönleber konnte sich an seinem 35. Geburtstag über ein Höchstgebot von 6600 Euro freuen: „Ich habe heute Grund zu feiern“. Schloss Johannisberg versteigerte eine Sechs-Liter-Flasche 2018er Riesling „Goldlack“ nach 30 Monaten Lagerzeit im großen Holzfass für 3000 Euro. Die Staatsweingüter erzielten 800 ebenfalls für eine Sechs-Liter-Flasche 2012er Hochheimer Domdechaney Riesling Großes Gewächs. Für die edelsüße Riesling Spätlese aus dem Rüdesheimer Berg, ebenfalls in der Sechs-Liter-Flasche, erhielten die Staatsweingüter 1100 Euro. Die doppelte Menge fasste die große Flasche mit einer gemeinsamen Cuvée von Spitzenweinen der drei Weingüter Robert Weil, Sankt Antony und Battenfeld-Spanier, die zusammen mit dem das Flaschenetikett zierenden Original-Bild des bekannten zeitgenössischen Künstlers Bernd Zimmer und sechs weiteren Flaschen dieses Weins zugunsten der flutgeschädigten Ahr-Winzer, der „Stiftung Stoa169“ des Künstlers und der Ukraine-Hilfe für 31.500 Euro versteigert wurde. „Weltrekord für einen trockenen Riesling“, sagte Allendorf.

Nicht minder begehrt waren die Raritäten in handelsüblichen Flaschen (0,75 Liter). Der Benefizwein der diesjährigen Auktion, ein Assmannshäuser Höllenberg Spätburgunder Cabinet des Jahrgangs 1952, fand für 4200 Euro einen neuen Eigentümer. Über den Erlös freut sich eine Eltviller Kindertagesstätte, die mit dem Geld ein Motorikzentrum finanzieren will. Sozialminister Kai Klose (Grünen) lobt die Aktion: „Ein 70 Jahre alter Wein, so alt wie unser Ministerpräsident“. Klose outete sich aber als Weißweintrinker und als Freund des „Steinberger“. 350 Euro wurden für die 1967er Riesling Spätlese aus dem Rauenthaler Rothenberg des Weinguts August Eser gezahlt, 220 Euro für eine trockene Spätlese des Jahrgangs 1976 von Schloss Johannisberg und 1200 Euro für den 1972 Assmannshäuser Höllenberg Spätburgunder Auslese Eiswein. Die älteste Rarität war ein 1915er Schloss Johannisberger Riesling Beerenauslese Dunkelblaulack, die Experten im Vorfeld so beschrieben hatten: Das Bouquet offenbart komplexe Aromen nach getrockneten Aprikosen, kandierten Orangen, Earl Grey Tee, Pfefferminze und feinwürzige Noten wie Marzipan, Zimt und Tabak. Das überzeugte wohl einen Sammler, der mit 9600 Euro das zweithöchste Gebot des Tages abgab. Neben Großflaschen und gereiften Raritäten sind es Kultweine, die der Versteigerung den Reiz geben. Der erst zweite Jahrgang des „Monte Vacano“-Riesling aus dem Weingut Robert Weil, der ausschließlich in Magnum-Flaschen und Großflaschen versteigert wird. „Mir haben das erste Mal die Worte zur Weinbeschreibung gefehlt“, sagte Auktionator Allendorf vor Beginn des Bietgefechts, das für jede der Magnumflaschen nur deshalb bei 850 Euro (Vorjahr 520 Euro) endete, weil Wilhelm Weil zusätzlich zu den 36 angebotenen Flaschen weitere 88 Flaschen bereitstellte. Für die einzige Sechs-Liter-Flasche wurde der Zuschlag beim Höchstgebot von 10.001 Euro erteilt. Im vergangenen Jahr waren es 18.000 Euro für eine Zwölf-Liter-Flasche. (aus der F.A.Z. vom 7.3.2022)

Mehr Wein exportiert

Die Ausfuhren deutscher Weine haben sich im vergangenen Jahr sehr positiv entwickelt. Wie das Deutsche Weininstitut (DWI) mitteilt, erreichte der Wert der exportierten Weine mit 357 Mio. Euro den höchsten Stand seit 2010 (355 Mio. Euro). Im Vergleich zum Vorjahr ist der Weinexportwert um 29 Prozent und das Volumen der ausgeführten Weine um 27 Prozent auf 1,2 Mio. Hektoliter angestiegen. (Quelle DWI)

Saffredi Vertikale

Zu den Besonderheiten des Rheingau Gourmet und Weinfestivals gehören die inzwischen „Masterclass“ genannten Weinproben, die eine nähere Beschäftigung mit einem Weingut erlauben. Da macht die 25. Jubiläumssaison keine Ausnahme. Ich habe mir die Saffredi -Vertikale gegönnt, und das hat sich gelohnt. Die 75 Hektar große Fattoria le Pupille liegt in Küstennähe in der Maremma. Den Saffredi (das ist kein Weinbergsname)-Cru aus einer heute 8,5 Hektar großen Einzellage gibt es seit 1987. Der in der Regel von der Rebsorte Cabernet-Sauvignon geführte Blend ist am Markt erfolgreich, Flaschenpreis ca. 80 Euro, und das waren die Jahrgänge:

2000 in Würde gereift, durchaus schon oxydative Noten, auch Rumtopf mit medinischen Noten, Eukalyptus, auch Tabak, gepaart mit Frucht. Damals ergänzte Grenache (15%) noch Cabernet (50%) und Merlot (35%). Unter dem Strich das Trinkfenster schon überschritten. Einzelne Flaschen schon oxidiert.

2001 wirkt zehn Jahre jünger als 2000! Großer Jahrgang in der Maremma, komplex, dicht, Grip, aber mit einem unschönen fetten Depot, der den Genuss trübte.

2004 jetzt mit Syrah (10%) statt Grenache. Wirkt eher kühler, mineralischer als 2001, sehr kräuterig, gut

2008 steht für ein forderndes Jahr. Der einzige Jahrgang, bei dem Merlot (50%) den Blend mit Cabernet (45%) und Syrah (5%) prägte. Sehr gut strukturiert und balanciert, trinkreif, bei mir auf Platz 3

2012 war mein Favorit, zupackend, präzise, gute Tannine, braucht viel Luft, kommt dann aber mit Macht, hat Potential für die nächsten 5-7 Jahre, ist übrigens der erste Jahrgang, bei dem Petite Verdot den Syrah als 3. Verschnittpartner abgelöst hat. Klare Kaufempfehlung!

2014 steht 2021 nur wenig nach, obwohl das Jahr deutlich schwieriger war. Sehr feine Tannine, sehr elegant, ebenfalls mit Zug und Finesse, gewann die Abstimmung in größer Runde

2015 noch sehr verschlossen, fast schon mollig, wenig Ecken und Kanten, Zeit für die Entwicklung geben, aber die Ansätze sind sehr gut

2018 ist dieses Frühstadium überraschend zugänglich, aber auch dick (15 Alkohol) und fordern… ein Zeuge des Klimawandels auch in der Maremma, schmeckbarer Holzeinsatz, wird sich im Lauf der Jahre wohl in den Hintergrund verabschieden, da bin ich sehr auch die Alterung gespannt