Es war ein Paukenschlag, der im Rheingau hohe Wellen schlagen wird: Am 11. Juni war überraschend der letzte Arbeitstag von Dieter Greiner, dem langjährigen Geschäftsführer der Hessischen Staatsweingüter Kloster Eberbach. Greiner, der das landeseigene Weingut seit dem Jahr 2000 geführt hatte, hätte noch einen Vertrag bis Ende 2027 gehabt. Nun wird der Vertrag aufgelöst.
Dem Vernehmen nach wollte Greiner der von Landwirtschaftsminister Ingmar Jung (CDU) initiierten Neuordnung der Staatsweingüter aber nicht im Wege stehen. Übergangsweise übernimmt Marc Gorbauch die Verantwortung für Deutschlands größtes Weinguts. Gorbach hat erst seit wenigen Wochen im Landwirtschaftsministerium eine Stabsstelle für die Koordination von Weingut und Kloster Eberbach angetreten. Jungs Wunsch ist es, dass Gorbauch dorthin möglichst schnell zurückkehrt. Noch in diesem Monat will Jung einen Nachfolger für Greiner vorstellen, der spätestens zum Jahresbeginn 2026 seinen Dienst antreten soll. Es gibt offenbar Gespräche mit einer Reihe qualifizierter Bewerber. In jedem Fall soll der neue Geschäftsführer im Herbst schon Einfluss auf die Ernte-Entscheidungen und damit das künftige Sortiment des Weinguts nehmen. Ein Sortiment, das nach dem Wunsch von Minister Jung radikal zusammengestrichen werden soll.
Denn das Landesweingut steht finanziell unter Druck. Im Beteiligungsbericht wird seit 2020 jährlich ein Defizit oder eine schwarze Null ausgewiesen. 2022 lag das negative Jahresergebnis bis rund 1,4 Millionen Euro, im vergangenen Jahr bei fast einer Million Euro. Dabei verfügt das landeseigene Weingut über herausragende Weinbergslagen und eine hochmoderne Kellerei am Steinberg.
Minister Jung will, dass der neue Geschäftsführer dem Staatsweingut eine neue Richtung gibt. Statt eines Gemischtwarenladens solle das Weingut zu einem Flaggschiff für die Region entwickelt werden. Jung wünscht sich angesichts der außergewöhnlich vielen Spitzenlagen das Streben nach Qualitätsführerschaft. Das Staatsweingut müsse sich als Imageträger bewähren und den Rheingau insgesamt ins Premiumsegment mitziehen. Das Ministerium lässt sich bei der Neuaufstellung von einem Beirat unterstützen, der bis zu sieben Mitglieder umfassen soll. Vorsitzender ist der Önologe Dirk Würtz, der im Rheingau als langjähriger Betriebsleiter des Hattenheimer Weinguts Balthasar Ress kein Unbekannter ist. Würtz hat inzwischen als Miteigentümer die Verantwortung für das Weingut St. Antony an der Rheinfront in Rheinhessen.
Nicht weiterverfolgt wird die angedachte Fusion zwischen der Stiftung Kloster Eberbach und den Staatsweingütern. Eine intensive Prüfung hat ergeben, dass es wenige Vorteile, aber rechtliche und steuerliche Nachteile oder Risiken gibt. Statt einer Fusion will sich das Land mit einer „Personalverschränkung“ behelfen. Mittelfristig sollen zudem Doppelstrukturen von Stiftung und Weingut entfallen, etwa wenn es um Verwaltung, Personal, Marketing und Vertrieb geht. Beide Institutionen sollen zudem einen Kooperationsvertrag schließen. Und weil über beiden inzwischen ein und dasselbe Ministerium als Kontrollinstanz steht, ist Minister Jung zuversichtlich, dass Reibungsverluste weitgehend vermieden werden können. (mein gekürzter Bericht aus der FAZ vom 12. Juni 2025)