Wie glimpflich die Rebstöcke im Rheingau die Spätfröste im April überstanden haben, zeigt die aktuelle Erntebilanz des Deutschen Weininstituts in Mainz. Demnach bewegt sich die Erntemenge der Weinlese mit geschätzt 222.000 Hektolitern auf dem Niveau des Vorjahres. An der Hessischen Bergstraße hingegen verzeichnete man einen Rückgang um sechs Prozent auf 31.000 Hektoliter, im Mittelrheintal um 14 Prozent auf 19.000 Hektoliter und an der Ahr sogar um 64 Prozent auf 15.000 Hektoliter.
In den Weinanbaugebieten in Sachsen und Saale-Unstrut waren die Einbußen mit mehr als 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr sogar noch größer. An der Mosel reduzierte zudem großflächiger Hagelschlag im Mai die Erträge. Dort wird mit rund 510.000 Hektolitern die geringste Erntemenge seit 50 Jahren erwartet. Einziger Gewinner war Rheinhessen. Deutschlands größtes Anbaugebiet steigerte den Ertrag um sieben Prozent auf fast 2,6 Millionen Hektoliter.
Spätfröste, viel Regen und wechselhaftes Wetter während der Weinlese machten laut Weininstitut den Winzern sehr zu schaffen und forderten ihnen ein Höchstmaß an Flexibilität ab. Die Erntemengen seien je nach Anbaugebiet, Rebsorte und Kleinklima großen Schwankungen unterworfen und blieben überwiegend weit hinter den Erwartungen zurück, heißt es aus Mainz.
Auf Basis der aktuellen Schätzung des Deutschen Weinbauverbandes wird in Deutschland eine Erntemenge von rund 7,9 Millionen Hektolitern Weinmost erwartet. Das entspräche einem Minus von zehn Prozent gegenüber dem zehnjährigen Mittel von 8,8 Millionen Hektolitern. Einen ähnlich niedrigen Ertrag hatte es mit 7,5 Millionen Hektolitern zuletzt im Jahr 2017 gegeben.
Das Weininstitut erkennt durch die Regenmengen aber auch positive Effekte auf die Entwicklung der Reben. Wegen der guten Wasserversorgung seien viele Mineralien aus dem Boden in die Trauben eingelagert worden. Das lasse extraktreiche Weine mit ausgeprägter Mineralität erwarten. Zudem habe sich die lange Reifephase positiv auf die Aromabildung in den Beeren ausgewirkt. Angekündigt werden daher „frische, lebendige Weine mit ausgeprägter Frucht“ mit moderatem Alkoholgehalt. Das entspreche „perfekt dem aktuell gefragten Weintyp“.
Der größte Verband der Ökowinzer, Ecovin, beklagt wegen der Spätfröste, Pilzkrankheiten und dem vielen Regen ebenfalls erheblich geringere Erntemengen. Der Pflanzenschutz sei für die Ökowinzer „ein besonders harter Kampf“ gewesen, weil der Einsatz des Pflanzenstärkungsmittels Kaliumphosphonat seit 2014 verboten sei. Die Ökowinzer kämpfen für dessen Wiederzulassung und sehen den Beleg erbracht, dass „der Werkzeugkasten des Bioweinbaus“ angepasst werden müsse.