Die Winzer ernten, die Sauen auch

Im Rheingau hat Ende August vereinzelt die Lese begonnen. In den Keller wurden vor allem frühreife Sorten wie Frühburgunder geholt, die schon ordentliche Mostgewichte aufgewiesen haben. Sekterzeuger wie Schloss Vaux in Eltville und das Weingut Barth in Hattenheim haben zudem begonnen, die Grundweine für Schaumweine zu ernten. Das dem Regierungspräsidium Darmstadt zugeordnete Weinbauamt berichtet von einem Lesebeginn rund drei Wochen vor dem langjährigen Mittel. Die ergiebigen Niederschläge zum Ende der vergangenen Woche haben allerdings erste Sorgen aufkommen lassen. Denn die Wasseraufnahme der Rebstöcke führt dazu, dass die Beeren dicker werden und sich in kompakten Trauben gegenseitig „abdrücken“. Diese Verletzungen der Beerenhaus können vor allem bei warmen Temperaturen schnell zur Ausbreitung von Fäulnis führen.

„In einigen Weinbergen sind erste Fäulnis-Nester zu finden“, bestätigt das Weinbauamt in seinem wöchentlichen Rundbrief an die Winzer. Betroffen seien vor allem Weinberge zwischen Eltville-Erbach und Wiesbaden-Frauenstein, in denen schon vor den ersten Niederschlägen die Trauen sehr kompakt gewesen seien. Dort seien auch die größte Niederschlagsmengen gemessen worden.

Auch die ersten Schädlinge werden gesichtet. Laut Weinbauamt gab es in den Kontrollfallen erste Funde von Kirschessigfliegen, die vor allem Rotweinsorten befallen. Die Winzer werden gefordert, regelmäßig und in kurzen Abständen gefährdete Parzellen zu kontrollieren. Von der Ausbreitung des Japankäfers seien die Weinberge bislang verschont geblieben, teilt das  Dezernat Pflanzenschutzdienst des Regierungspräsidiums Gießen als Reaktion auf den Fund bei Trebur mit.

Eine Übersicht der Reifemessungen zeigt schnelle Fortschritte in den Weinbergen. Beim Riesling liegen die Mostgewichte im Vergleich zum Stichtag 1. September über den Werten der beiden Vorjahre. Das durchschnittliche Mostgewicht beim Riesling lag am Montag bei 76,8 Grad Oechsle. Im Vorjahr waren es am 2. September 61,6 Grad, im wärmeren Jahr 2023 am 4. September 70 Grad Öchsle.    

Beim Rotwein ist das Bild ähnlich. Das durchschnittliche Mostgewicht des Spätburgunder hat am Montag 81 Grad überschritten. Im Vorjahr waren es Anfang September 77,2 Grad, im Jahr 2023 70,2 Grad. Gerechnet wird damit, dass die Hauptlese beim Riesling am Wochenende 6./. September auf breiter Front startet und bis Ende September schon beendet ist – sofern keine längeren Phasen starker Niederschläge auftreten.

Die Winzer müssen bei der Ernte zudem schneller sein als die Wildschweine. Die Stadt Eltville berichtet von einem starken Aufkommen und beträchtlichen Schäden außerhalb der wegen der Schweinepest errichteten Schutzzäune. Ursache ist laut Stadtverwaltung der Klimawandel: „Die Trauben reifen früher und weisen durch den erhöhten Zuckergehalt eine besondere Attraktivität für Wildschweine auf.“ Während früher der Riesling mit seinem hohen Säuregehalt für die Wildschweine – im Gegensatz zu früh reifem Chardonnay oder Rotwein – eher uninteressant gewesen sei – habe sich das Bild nun gewandelt: „Auch der Riesling wird reifer mit weniger Säure. Die Trauben sind süßer und damit besonders anfällig für Wildschweinfraß.“ Die Winzer sollten daher ihre Weinberge mit Elektrozäunen mit drei Litzen sichern und die Wildschweingefahr ernst zu nehmen, um die zunehmenden Schäden eindämmen und die Ernte zu schützen.